Noch einmal Weihnachten, dann ist aber gut für dieses Jahr damit
Immer diese Weihnachtsfeiern, eine Pflicht, aber doch selten ein Vergnügen für mich. Da wird gegessen, getrunken, leichtsinnig geflirtet und Geschenke getauscht oder einfach nur verschenkt. Grauselig, aber ja, da musste ich hin. Ob ich dabei vor Langweile starb oder nicht.
Wenn sich die Damen und Herren um mich herum so richtig daneben benahmen, wäre ich am liebsten in Grund und Boden versunken. Da wurde geflirtet, geknutscht und Finger gingen in Regionen auf Wanderschaft, wo sie nicht hingehörten. Und dieses Liebesgesäusel, grauenhaft. Und am nächsten Tag bzw nach dem Wochenende saßen dann alle wieder per Sie im Büro. Bigotterie hoch zehn.
Ich gebe zu, ich bin noch jung. Gerade einmal mit der Ausbildung fertig. Aber ich bin empört über ein solches Verhalten, das die ach so erwachsenen Menschen um mich herum zeigen. Nichts mit Vorbildfunktion. Aber über die verkommene Jugend schimpfen. Dabei treiben die es schlimmer als wir. Ok, ich bin außen vor. Brav und anständig. Sexuell und auch anderweitig. Hätte ich einen festen Partner, ich wäre ihm treu, aber das kam in meinem bisherigen Leben noch nicht vor.
Die heutige Weihnachtsfeier steht an. Diesmal hatte unser Chef die wahnsinnig glorreiche Idee, diese in einem Club abzuhalten. Teilnahme sei Pflicht. Frau Schröder war den gesamten Tag schon aufgeregt. Ich denke, sie will sich wieder, wie in den letzten drei Jahren, Herrn Wilke schnappen, unseren Buchhalter. Der Mann hat etwas, ja, der gefällt auch mir, aber er ist verheiratet und von daher ein No-Go. Never find a husman. Das bringt nur Tränen und Kummer.
Aber Club? Welcher normale Chef feiert mit seinem Team schon in einem Club, einem Schwingclub, also bitte nicht mit Swingerclub verwechseln. Dorthin hätten sie mich schon mit einer Zwangsjacke bringen müssen.
Was soll ich anziehen? Am besten so normal wie immer. Hose, Bluse und bequeme Schuhe. Wenn ich da an meine Kolleginnen denke, wie die sich aufbrezeln. Da fallen oft die Brüste aus dem Dekolleté, die Hosen sitzen so eng, dass aus ihrer Spalte ein tiefes Tal wird oder die Röcke sind so kurz, dass sie auch darauf hätten verzichten können. Sagen wir mal so, auf diese Anblicke könnte ich verzichten. Ich bin also das schwarze Schaf der Firma, wenn es um Weihnachtsfeiern geht.
Um pünktlich anzukommen, gehe ich früh genug los. Nichts ist schlimmer, als zu spät kommen und jeder starrt einen an. Obwohl, manche Personen machen das mit Absicht, reines Kalkül. Ich mag das nicht. Während meines Spazierganges zur Bushaltestelle genieße ich die frische, kalte Luft. So langsam werde ich dann doch in mir neugierig auf das Event. Schwingclub, was mochte das wohl sein? Im Internet fand ich nur Schweizer Seiten, aber irgendwie konnte ich mir jetzt echt nicht vorstellen, dass unser Chef mit uns eine solche Sportart hätte ausprobieren wollen. Da wäre spezielle Kleidung angesagt bzw eben nicht festlich.
Während der Busfahrt grübele ich weiter darüber nach, bis ich aussteigen muss. Es ist noch einmal kälter geworden. Man kann riechen, dass sich die Luft verändert, Schnee soll kommen. Hoffentlich erst, wenn ich wieder zuhause bin, denn meine Schuhe sind nicht dafür ausgelegt, mit ihnen durch die weiße Pracht zu laufen.
Das Gebäude macht von außen einen seriösen Eindruck, das verschafft mir eine gewisse Erleichterung. Also keine rot-rosa Neonreklame, die auf amoröse Abenteuer schließen lässt.
Ich öffne die Tür und angenehme Klänge schallen mir entgegen, Weihnachtsmusik eben, passend zur Jahreszeit. Ein Mann in einem Anzug kommt auf mich zu.
„Womit kann ich Ihnen behilflich sein?“
Wow, ich sage jetzt lieber nicht, dass der Kerl zum Anbeißen aussieht und ich … upps, was kommen mir denn da für Gedanken in den Sinn.
„Ich gehöre zur Firma Blachnich und hier soll unsere Weihnachtsfeier sein“, antworte ich, wobei mir Hitze ins Gesicht strömt. Bestimmt bin ich jetzt knallrot.
„Dann werde ich Sie zu Ihrem Saal bringen. Bitte folgen Sie mir.“
Gehört so ein Hintern wirklich zu einem Mann? Wow, ich spüre meinen Slip nass werden. Unmöglich, das gab es noch nie, dass ein Anblick für solch eine Reaktion sorgt.
Mit weichen Knien tappe ich unbeholfen, fast wie ein junger Welpe, hinter ihm her.
Er öffnet eine Türe, die in ein großes Zimmer führt, in dem schon einige Kollegen sitzen. Wie ein herrschaftlicher Speisesaal in einem Schloss. Das hätte ich nicht erwartet.
„Bitte sehr. Fühlen Sie sich wohl in unserem Etablissement.“
Ok, Etablissement, das macht mich stutzig. Oder soll das nur vornehme Sprache sein. Ach, ich werde das schon noch früh genug erfahren. Da ich weiß, dass unser Chef dieses Jahr die Tischordnung zusammengestellt hat, wer neben wem sitzt, mache ich mich auf die Suche nach meinem Platz. Ich spüre Blicke auf mir ruhen, abschätzend und neugierig, obwohl mich eigentlich alle kennen.
Mein Platz ist am Tisch unseres Chefs. Am liebsten würde ich schon jetzt umdrehen und wieder nach Hause gehen. Trotzdem schaue ich mich neugierig um. Frau Ganter, Herr Neumann, Frau Simoniet und Herr Jansen sitzen auch mit am Tisch. Und eben unser Chef. Direkt neben mir. Übrigens bin ich die Erste in dieser Runde, ok, halbrunder Tisch. Der Tisch steht direkt neben einer Bühne, deren Vorhang nichts davon verrät, was dahinter sein soll.
Dem Gedeck nach zu urteilen, werden wir ein Sechs-Gänge-Menü erwarten dürfen. Dank meiner Großmutter kenne ich mich mit so etwas aus. Da ich die schon vorhandenen Gäste im Rücken habe, drehe ich mich um. Lautes Stimmengewirr hat mich dazu veranlasst. Der Großteil der Belegschaft trifft, ziemlich feucht-fröhlich, in den Saal, der sich schlagartig füllt.
Kurze Zeit später, einige Damen natürlich mit mehr als 10 Minuten Verspätung, sind alle versammelt. Herr Blachnich klopft mit einer Gabel gegen sein Glas und heißt uns willkommen. Blablabla, wie langweilig. Das Übliche halt. Herr Neumann, der auch neben mir sitzt, zwinkert mir zu. Ich kann ihn nicht leiden. Ein arroganter Kotzbrocken, wie er im Buche steht. Chef des Einkaufs. Natürlich mit dem Chef per Du, beide beste Freunde. Und ich dazwischen. Unwohl fühlen ist da echt der verkehrte Ausdruck. Es ist viel schlimmer. Hoffentlich geht der Abend schnell vorbei.
Das Essen wird serviert. Ein Genuss, phänomenal. Die Speisen zergehen förmlich auf der Zunge, hier war ein wahrer Meisterkoch zu Gange gewesen.
Nach dem Hauptgang wird eine Pause eingelegt. Die Musik geht aus. Der Saal wird dunkel. Der Vorhang öffnet sich langsam und ich kann erkennen, was sich dahinter befindet. Ich muss schlucken. Solche Geräte kenne ich nur von Fotos. Ein Andreaskreuz; eine Tanzstange, in diesem Moment fällt mir nur dieser Begriff dafür ein; eine Schaukel, aber irgendwie doch anders dimensioniert als die auf dem Spielplatz; ein Pranger, oh wie schauerlich und ein riesiges Bett.
Die Show beginnt. Die harten Beats von Rammstein erklingen. Sonne. Zehn fast nackte Männer betreten den Showroom. Ein perfekt ein gespieltes Ensemble von Tänzern, synchron in ihren Bewegungen. Mir bleibt der Mund offen stehen. Im Hintergrund vernehme ich noch gedämpft ein Raunen, ein Stöhnen, je nach Bewegung. Eine Domina kommt hinzu. Die Tänzer unterwerfen sich ihr. Immer noch Perfektionismus in all ihren Bewegungen. Die Körper sind einfach nur ein Traum. Wie der Mann, der mich zu diesem Saal brachte. Göttern gleich, für mich. Irgendwie außerirdisch. Mit der Zeit verliere ich die Haftung zu meiner Umwelt. Ich sehe nur noch das Schauspiel, das vorne auf der Bühne gespielt wird. Immer neue Lieder erklingen. Alles fügt sich harmonisch ineinander. Die Faszination hat mich hypnotisiert.
Als einer der Tänzer die kleine Treppe hinuntergeht, auf mich zukommt, bin ich in einer Trance gefangen, nehme nichts mehr um mich herum wahr. Ich bin Teil des Märchens geworden, das im sanften Rampenlicht aufgeführt wird. Willig folge ich dem Mann mit diesem wahnsinnig gut aussehenden Astralleib auf die Bühne. Weihnachtsfeier? Nein, die existiert nicht mehr. Alles ausgeblendet. Zu den Rhythmen von Stripped führt er mich. Dabei berühren Hände meinen Körper. In mir entsteht eine unerklärliche Hitze. Meine Knie werden schwach, ich taumele leicht, werde aufgefangen und auf das große Bett gelegt. Die Gesichter über mir erscheinen wie Götter des Olymps. Eines schöner als das andere. Ihre Hände machen sich an meiner Kleidung zu schaffen. Öffnen die Knöpfe der Bluse, den Knopf und den Reißverschluss der Hose.
Normalerweise würde ich mich wehren, aber meine Gliedmaßen sind schwer wie Blei und doch heben sie mich wie eine Feder und entfernen alles, was meinen Körper umhüllt. Die Luft knistert förmlich vor Erregung. In mir entsteht ein Verlangen unbekannter Art. Ein Schauer nach dem anderen überzieht meinen Körper, in mir kribbelt es. Finger streifen über meine Haut. Hinterlassen eine Spur von wollüstiger Elektrizität.
Wie auf Geisterhänden werde ich zu dem Andreaskreuz getragen. Daran gebunden. Ich verschmelze mit dem warmen Holz zu einer Einheit, fühle mich getragen und beschützt. Dabei offenbare ich jedem meine intimsten Stellen. Unberührte Stellen, aber das weiß hier ja niemand außer mir. Nein, selbst ich weiß es nicht mehr. Alles in mir strebt nach diesem Etwas, das mein Verlangen ausfüllen soll.
Kurz erwache ich aus meiner Trance, als ein Eiswürfel über meine Brustwarzen geführt wird, nur kurz und versinke erneut. Der Kälteschmerz entfacht noch mehr von diesem Feuer in mir. Auch die zweite Brustwarze erfährt eine besondere Behandlung. Heißes Kerzenwachs tropft darauf. Auch dieser Schmerz vermehrt die Begierde nach dem noch nie Erlebten.
Trotz meiner Fesseln versuche ich, mein Becken den Tänzern entgegen zu recken. Aber zu stark bin ich gebunden. Kleine Rinnsale laufen an meinen Schenkeln herab. Meine Lust lässt mich zerfließen.
Meine Augen weilen auf dem Tänzer an der Poolstange. Inzwischen ist auch er nackt, wie alle anderen. Am liebsten würde ich mich um seine Stange winden, die ich sehen kann. Der Anblick allein lässt mich keuchen. Mein Herzschlag geht schneller, ebenso mein Atem.
Etwas berührt meinen Venushügel. Davon abgelenkt schaue ich der Frau vor mir in die Augen. Eiskalt und streng blickt sie mich an. Sie weiß, was sie tut, als ihre Finger vom Hügel herab gemächlich gen Tal streben. Dabei ein paarmal die empfindliche Erhebung umkreisen und mich leise aufschreien lassen. In meinem Kopf sehe ich Blitze. Mein gesamter Körper steht unter Strom. Zwei Finger spreizen meine Lippen, einer fährt durch mein Tal. Ich verliere das letzte bisschen Kontrolle. Ich schwebe. Durch mich hindurch rollt eine Welle aus Lust, die nicht aufzuhalten ist.
Nur unterbewusst nehme ich wahr, dass sich auf der Bühne jetzt mehr Menschen befinden als vorher. Alle sind nackt. Die Luft schwingt vor Erregung, duftet nach Sex. Weiterhin streichen Hände über meine Haut. Kein Verlust von meinem Verlangen. Zumal das Geschehen um mich herum jetzt eindeutiger wird. Während meinem Körper eine Zuwendung ohne jegliche Penetration zuteil wird, obwohl ich diese Sehnsucht danach verspüre, kopulieren die Personen in meiner Nähe miteinander.
Die Zeit verliert sich.
Auf einmal bin ich wach. Mir ist es kühl. Wie es scheint, bedeckt mich nur ein dünnes Leinentuch. Wo auch immer ich bin, ich kann den Raum nicht erkennen. Neben mir vernehme ich ein Atmen. Langsam und tief. Erschreckt richte ich mich zum Sitzen auf. Dabei gleitet das Tuch von meinen nackten Brüsten herunter. Ich spüre dieses Gleiten und es entfacht eine Leidenschaft nach einem Erleben. Kurz schüttele ich meinen Kopf. Wo bin ich?
Eine Hand greift nach mir, eine warme, feste Hand. Sie fasst meinen Oberschenkel. Kurz schreie ich auf.
„Psst, alles gut.“
Die Stimme klingt tief und freundlich, besänftigend. Mein Herz beruhigt sich wieder.
„Wo bin ich hier? Was ist geschehen?“
„Warte einen Augenblick. Ich mache Licht.“
Meine Augen werden geblendet. Als sie sich an die Helligkeit gewöhnt haben, sehe ich mir das Individuum neben mir an. Mein Herz bebt erneut. Es ist dieser Mann, der mich durch den Club geführt hatte. Dann setzt es kurz aus.
Warum liege ich eigentlich nackt neben diesem Adonis? Dass das hier nicht die Bühne ist, sehe ich. Ein Schlafzimmer, relativ spartanisch, wie sich mir im Licht der Lampe zeigt.
Hektisch springe ich aus dem Bett und reiße das Leinentuch mit mir. Ob das die beste Idee war? Was ich jetzt zu sehen bekomme, entzündet ein Feuer zwischen meinen Beinen, in meinem Unterleib. Nein, dieser Mann konnte nicht von der Erde sein.
„Hey, beruhige dich wieder. Alles ist gut.“
Ich schüttle meinen Kopf. Hier ist gar nichts in Ordnung. Mein Körper will …
Drei Schritte gehe ich zurück und stoße mit meinem Rücken gegen Holz, den Schrank, den ich eben schemenhaft erkannt hatte. Weiter zurück geht es nicht. Dieser Mann steht auf, kommt mit offenen Armen auf mich zu. Panisch klammere ich mich an das Tuch, presse es vor meine Blöße und starre auf die seine.
Jetzt spüre ich das Blut in meine Wangen schießen. Das ist mir peinlich. Verunsichert gehe ich mit ihm zum Bett.
„Warte hier. Ich werde uns jetzt einen Tee kochen und dann erzähle ich dir alles. Oder willst du lieber einen Kaffee?“
„Tetee“, stottere ich.
Daraufhin verschwindet er durch eine Tür, Mann, was hat dieser Kerl für einen Knackarsch, und ich höre ihn im Hintergrund fuhrwerken. Während ich warte, diesen nassen Fleck immer größer werden fühle, schaue ich mich genauer um. Meine Kleidung kann ich nirgendwo entdecken. An der Wand hängt ein Duplikat eines Meisterwerkes, auf den Namen des Künstlers komme ich gerade nicht, zu sehr schwirren meine Gedanken durcheinander. Unter dem Fenster steht ein Schreibtisch mit einem Stuhl sowie eben der Schrank. Kein Schnickschnack. Einfach und zweckmäßig. Nichts, was auf eine frauliche Note schließen lässt. Das schenkt mir Ruhe, obwohl mir die Gegenwart eines fremden Mannes eigentlich eher fragwürdig sein sollte.
„Bitte schön. Dein Tee. Magst du Milch, Zucker, Zitrone oder Honig dazu?“
„Milch und Honig bitte.“
Meine Stimme scheint nur ein Wispern zu sein und trotzdem reicht er mir das Gewünschte.
„Milch und Honig, wie deine Haut und dein Haar. Du bist eine wunderschöne junge Frau.“
Wieder spüre ich diese Hitze in meinen Wangen.
„Das muss dir nicht peinlich sein. Wenn ich das sage, meine ich das so.“
„Was ist eigentlich passiert? Warum bin ich hier?“
„Das ist eine längere Geschichte. Wenn du willst, erzähle ich dir alles.“
Ich nicke. Ja, ich bin neugierig. Ohne an den nassen Fleck zu denken, setze ich mich bequem ins Bett und lehne mich an das Kopfteil. Sein Blick zeigt ein kennendes Aufblitzen, aber seine Lippen schweigen in der Richtung.
Er setzt sich neben mich.
„Ich bin übrigens Olaf. Olaf Schwing. Der Inhaber des Clubs, in dem du dich gestern Abend mit deiner Firma befunden hast, falls du dich erinnern solltest.“
Ganz entfernt kommt die Erinnerung an die Weihnachtsfeier wieder. Eine Feier, auf die ich gar nicht gegangen sein wollte, nur musste. Ich nicke.
„Ich bin Svenja. Svenja Hauser. Bitte erzähl mir alles.“
Olafs Club ist ein Tanzclub, der etwas andere Aufführungen anbietet. Bei besonderer Buchung werden die Angestellten auch handgreiflich, allerdings nur handgreiflich. Alles andere ist ein Tabu.
Bei unserer Weihnachtsfeier war von meinem Chef geplant worden, mich aus der Reserve zu locken. Aus der grauen Maus eine enthemmte Katze zu machen. Olaf wurde eingeweiht, ahnte aber nicht die Ausmaße, die diese Feier annehmen sollte. Ihm war recht schnell bewusst, als er sah, wie ich mich auf der Bühne bewegte, dass etwas nicht mit rechten Dingen zuging. Er hatte die kleine Flasche mit den speziellen Tropfen später gefunden.
Als ich am Andreaskreuz gefesselt war, konnte er die Reaktionen meines Körpers bebachten. Er sah mein Anbiedern in Richtung jedes männlichen Körpers, der in meine Nähe kam. Es widerstrebte ihm irgendwie. Es spiegelte nicht mein Verhalten beim Eintreten in den Club wider. Etwas sei ihm merkwürdig vorgekommen. Ein Teil meiner Kollegen und Kolleginnen sei auf die Bühne spaziert. Sie entblößten ihre Körper und nutzten die Geräte dafür, wozu sie in anderen Clubs bereit ständen. Eine riesige Sexorgie war im Gange. Nicht nur auf der Bühne, auch im Saal.
„Diese Situation habe ich noch nie erlebt. Das war selbst mir etwas suspekt. Als dann dein Chef auf dich zuging und dich anfasste, packte mich eine Art Ekel. Ich meine, er hatte vorher mit drei Angestellten Sex gehabt, ohne jegliche Verhütung, was ich gar nicht gutheißen kann. Und dann begrabschte er das zauberhafteste Wesen, das ich seit Langem gesehen hatte. Die Gier in seinen Augen funkelte nur so.“
Mein Magen hob sich leicht. Allein der Gedanke, dass mein Chef mit seinen schmierigen Fingern meinen nackten Körper berührt hatte, war einfach nur grauenhaft.
Olaf strich über meinen Arm.
„Du warst zu diesem Zeitpunkt nicht du selbst. Deine Augen schienen in einer anderen Welt zu verweilen. Ich musste dich da herausholen. Frag mich nicht, warum. Schließlich war es eure Party.“
Meine Tasse findet ihren Weg zum Nachttisch. Etwas in mir sucht Olafs Nähe und ich schmiege mich an ihn.
„Ich gehe also auf die Bühne, bahne mir meinen Weg durch die Mitarbeiter eurer Firma, meine Angestellten hielten sich im Hintergrund auf, da sie sich bewusst waren, dass ihre Aufgabe zu diesem Zeitpunkt erfüllt war. Bei dir und deinem Chef angekommen sah ich dieses Funkeln noch stärker. Er murmelte etwas, das ich erst beim zweiten Hinhören richtig verstand. Das zwang mich, einzugreifen, zu diesem Zeitpunkt erst recht.“
„Was hat er gesagt?“
„Das will ich gar nicht wiedergeben. Bitte“, dabei legt Olaf mir seinen Finger auf die Lippen, als er bemerkt, dass ich etwas erwidern will. „Ich stieß ihn weg. Absolut geschäftsschädigend wie ich selbst weiß, aber es ging nicht anders. Er taumelte mit seiner Erregung rückwärts und setzte sich auf seinen Allerwertesten. Ich beeilte mich, dich von deinen Fesseln zu befreien, bevor er wieder aufstehen konnte. Nackt wie du warst, trug ich dich aus dem Saal und über eine geheime Treppe hier hinauf in mein Schlafzimmer.“
Olaf strahlt so eine Geborgenheit aus. Ich fühle mich in seinen Armen, die er inzwischen um mich gelegt hat, absolut wohl.
„Was geschah dann?“
„Ich ging wieder zurück. Die Party war noch immer zugange, allerdings wurde es schon ruhiger. Ich ging zu deinem Chef, aber er nahm mich gar nicht richtig wahr, da er schon wieder in einer weiteren Frau steckte. Ich frage mich echt, was grundsolide Menschen zu so einer Orgie treibt. Du schienst echt die Ausnahme zu sein in diesem Haufen geiler Wesen.“
„Weißt du, eigentlich wollte ich gar nicht zu dieser Weihnachtsfeier gehen. Die letzten drei waren schon derb. Aber ein solcher Exzess, wie du ihn mir gerade beschreibst, habe ich nicht erlebt bisher. Ich konnte mir zwar vorstellen, dass manche miteinander etwas hatten, aber so? Nie im Leben. Ich glaube, ich werde kündigen. In einer solchen Firma kann ich nicht länger arbeiten.“
Olaf küsste mich auf mein Haar.
„Du bist so schön. Du erinnerst mich an eine Prinzessin aus einem Märchen.“
Was soll ich jetzt noch erzählen? Die Weihnachtsfeier habe ich also unbeschadet überstanden. Während mir Olaf die Geschichte berichtet, schneit es draußen. Es hört gar nicht mehr auf. Olaf meint, da meine Schuhe gar nicht schneetauglich sind, solle ich doch einfach gemütlich im Bett liegen bleiben. Das mache ich auch. Ein kleines Geheimnis verrate ich euch aber noch. Da an diesem Tag der Club geschlossen bleibt, gehen wir hinunter. Der Saal sieht aus, als hätte nie eine Feier darin stattgefunden. Wir betreten die Bühne. Sanftes helles Licht scheint durch die Fenster. Leises hämmert Rammstein die Rhythmen durch die Boxen. Ich hänge erneut am Andreaskreuz. Dieses Mal nehme ich bewusst die zwei Hände wahr, die meinen Körper in Höhen katapultieren wie am Abend vorher die Domina. Olaf verwöhnt mich, lässt mich jauchzen. Gefesselt bäume ich mich immer wieder auf. Schreie mein Verlangen nach mehr in den Raum.
Auf der Liebesschaukel werde ich von Olaf anschließend erhört. Ich sehe das Erstaunen in seinen Augen, als er beim Eindringen feststellt, dass er mein erster Mann ist.
Jetzt leite ich neben Olaf den Club. Wie das Leben so spielt, sind wir ein Liebespaar. Und egal, wie sehr mich die Kunden auch anbaggern, meine Liebe und mein Körper gehören nur ihm