Samstag, 24. Dezember 2016

Christkind auf Reisen

24. Dezember

Mir, dem Christkind,  ist da etwas passiert, von dem muss ich euch heute noch berichten. Ja, ich weiß, ihr habt heute nicht viel Zeit,  ich ja auch nicht. Aber davon muss ich erzählen. Verrückte Sachen gibt es auf der Welt. Da steig ich doch gestern in ein Flugzeug der Airline Wolkenkissen, um schneller zu euch zu kommen und dann das:

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Fluggäste,

bitte einmal anschnallen. Der Flug in andere Sphären beginnt gleich. Die Schnallen müssen ordentlich in den Schlössern einklicken, sonst besteht die Gefahr, aus dem Sitz geschleudert zu werden. Weitere Sicherheitsmaßnahmen folgen auf der Stelle.
Alles, was sie außer dem Gurt einengen könnte, bitte öffnen. Für blaue Flecken und Quetschungen übernehmen wir keine Haftung. Auch durchfeuchtete Kleidungsstücke werden anschließend nicht vom Bordpersonal getrocknet. Wer also lieber auf Nummer Sicher gehen will, darf seinen Gurt öffnen, überflüssige Kleidungsstücke ablegen und den Gurt wieder fest verschließen.
Ein bisschen schneller, wenn ich bitten darf, der Tower hat schon grünes Licht zum Starten gegeben. Ach, Sie bekommen die Schnalle nicht mehr ins Schloss? Ich soll Ihnen helfen? Nein, mein Schloss bekommen Sie nicht, das ist ja unerhört, eine Frechheit.
Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja, Sicherheit.
Während wir starten, kann es passieren, dass wir Startschwierigkeiten haben. Dann ruckelt die Maschinerie etwas. Die Luftschichten, gewisse Feuchtigkeitszustände erschweren das reibungslose Hineingleiten in andere Sphären oftmals. Falls ein Druck auf den Ohren entsteht, drücken Sie sacht die Oberschenkel ein wenig auseinander, das ist das einfachste Mittel zum Ausgleich. Nach ein paar Minuten erreichen wir die angestrebte Flughöhe. Ab diesem Zeitpunkt sollte unser Flug eigentlich komplikationslos sein. Gewisse Vibrationen sind normal. Dass die Tragflächen leicht schwanken, auch. Bitte achten Sie darauf, genügend Flüssigkeit in ihrem Körper zu haben. In diesen Höhen und mit der wachsenden Geschwindigkeit kann das zu Verlusten führen. Wir werden Ihnen gerne Getränke anbieten, die sowohl die Stimmung heben, als auch für Gleitung sorgen.
Ja? Wie, ob wir Brüderschaft miteinander trinken werden? Nein, wo kommen wir denn dahin. So viel Geknutsche hält unseren Piloten davon ab, das Flugzeug lenken zu können. Es wäre definitiv zu gefährlich. Der Steuerknüppel ähnelt da einem anderen Knüppel zu sehr, dieses Risiko wollen Sie sicherlich nicht eingehen. Ja, unser Pilot fliegt grundsätzlich nackt. Der Fatsuit seiner sonstigen Kleidung hindert ihn an der Beweglichkeit im Cockpit.
Wo waren wir stehen geblieben? Sie bringen mich mit Ihren Fragen noch ganz aus meinem Konzept. Getränke, abgehakt.
Essen, ich sehe, Sie haben alle ihre Menüs angekreuzt. Von Möhren, knackig frisch, groß über ungeschälte Gurken, bis hin zur Gans mit frischen Klößen ist nichts ausgelassen. Auch die dicken Bockwürste oder langen Wiener zum Kartoffelsalat fehlen nicht.
Wie, ob ich meinen Apfel Ihrer Banane zur Verfügung stelle, um einen tollen Milchshake zu zaubern? Das geht jetzt langsam zu weit. Quetschen Sie Ihre Banane bitte in eine andere Pflaume, davon sind ja ausreichend hier an Bord.
Weitere Sicherheitsmaßnahmen. Vor Ihnen befindet ein Fach mit kleinen viereckigen Verpackungen. Falls sie einen Schutzanzug benötigen, entnehmen Sie bitte eine, reißen die Verpackung an einer Kerbe auf und ziehen vorsichtig das hauchfeine Material aus der Umhüllung. Scharfe Gegenstände wie Fingernägel wären zu vermeiden, soll der Schutz gewährleistet sein. Auch hier übernehmen wir keine Haftung für eventuelle Kolateralschäden oder wie das heißt.
Der Anzug wird über den Kopf gestülpt und komplett über den gesamten Körper gerollt.
Schon wieder eine Frage, irgendwie sind die Leute heute wohl alle noch nie geflogen. Ja? Wie, Ihre Größe ist nicht dabei?  Warten Sie, laut Inventarliste gibt es die Größen XS, S, M, L und XL. Das deckt eigentlich alle Konfektionen ab. Nein? Sie benötigen XXXL? Sorry, dann müssen Sie eben auf einen Schutz verzichten. Ihre Nachbarin will das so nicht?  Dann haben Sie eben Pech gehabt.
So langsam verliere ich aber die Geduld mit Ihnen.
Nein, wir blasen die Schutzanzüge nicht auf, was ist das denn für ein Kindergarten hier.
Falls Sie bemerken, dass eine Gefahr in Verzug ist, Interrupti sind erlaubt. Eine Notwasserung außerhalb des Flugzeuges erwünscht.
Der Herr? Sie wollen mich überschwemmen? Also das ist ja wohl der Gipfel der Frechheit. Bevor ich mich jetzt weiter aufregen muss, begebe ich mich lieber auf meinen Sitzplatz.
Achso, die Landung. Bevor wir landen, ziehen wir die Bremse, das heißt, die Bewegungen des Flugzeugs verlangsamen sich, die Motoren drehen im Leerlauf und wir sinken. Nein, ich werde nicht in Ihre Arme, geschweige denn Ihren Schoß sinken.
Das Aufkommen der Räder auf den Boden kann schon einmal etwas holpern. Die Maschine zieht sich kurzzeitig zusammen, vibriert und zuckt, bäumt sich auf. Bitte lassen Sie sich nicht davon verunsichern, das ist normal. Sie dürfen klatschen, jubeln, schreien, jede Art der Euphorie wird erlaubt sein.

Wir wünschen Ihnen einen guten Flug.


Also, die Stewardess setzte sich dann einfach auf den Schoß des Copiloten, cock – pit . Die beiden waren während des gesamten Fluges miteinander verbunden. Es gab ziemliche Turbulenzen, nicht nur draußen, sondern auch drinnen. Die Lüftung hatte zu kämpfen. Zum Glück hatte ich einen Einzelsitz, neben mir war frei.
So konnte ich schlafen und träumen. Das meiste um mich herum bekam ich daher nicht mit. Erst als wir landeten, hörte ich die Stewardess jubeln und juchzen. Ihr Kopf war ziemlich rot. An ihren Mundwinkeln, nein, das muss etwas anderes gewesen sein, geschmolzenes Vanilleeis oder so.

Ach, ich erzähle hier einen Blödsinn. Heute ist Heiligabend,  somit endlich Weihnachten. Alle Türchen wurden geöffnet. Die Inhalte waren einfach wunderbar und vielfältig. Meine Wenigkeit, das Christkind, wird entschwinden und ganz viele liebe Menschen reich beschenken.
Keine materiellen Güter, sondern Liebe, Nähe, Wärme, Vertrauen und Geborgenheit. Dinge, die man nicht kaufen kann, die aber jeder Mensch benötigt. Ein offenes Ohr zum Zuhören, nette Worte zum Trösten, Hoffnung geben, Gefühle weitergeben.
Heute gab es keine Geschichte, nur ein bisschen, hoffentlich, Spaß. Auch das Lachen gehört zu Weihnachten. Lasst uns froh und munter sein und uns recht von Herzen freun.

Ich wünsche euch ein wunderschönes Weihnachtsfest, wie auch immer ihr es feiern werdet. Und wenn es nur daraus besteht, dass ihr die Füße hochlegt und die freien Tage genießt. Macht euch nicht so viel Stress, das ist nicht der Sinn des Festes.

Bis zum vielleicht nächsten Jahr

Euer Christkind.

1 Kommentar:

  1. Eine ganz tolle Geschichte, gratuliere dazu. Es hat mir riesengrossen Spass gemacht hier zu lesen. Sie haben sehr kreativ und unterhaltsam geschrieben, so das es bei keinem Satz langweilig war zu lesen.
    Liebe Grüsse Sen

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