Dienstag, 19. Dezember 2017

Verbotene Sünde






»Bitte bleib hier.«
Kalte Hände hat sie, dachte er, als seine Hand nach ihrer griff, um sie aufzuhalten.
»Du weißt doch, ich darf nicht. Ich muss gehen.«
Ihre Augen erzählten etwas anderes. Da sprühte eine Sehnsucht mit. Ein Verlangen, eine Begierde. Die tägliche Nähe der letzten Wochen verblieb mit Spuren tief im Inneren. Unerreichbare Nähe, die nur mit Blicken überbrückt worden war. Endlich wieder auf Tuchfühlung.
»Ich liebe dich.«
»Ich dich auch, aber ich muss dich dennoch verlassen.«
Widerwillig entriss sie ihm die Hand. Sofort kühlte sie wieder ab, seine Wärme war eine Wohltat gewesen.
Eine Träne schlich sich ins Auge. Jammer drängte empor. Eine gewisse Leere breitete sich in ihr aus, ohne dass sie schon gegangen wäre. Sie wollte nicht gehen. Eine Umarmung, ein Kuss, zärtliche Berührung, all das könnte sie jetzt aufhalten, auch wenn es ihr verboten war.
Zögernd setzten sich die Füße zur Tür in Bewegung.
Tu bitte was, bat sie innerlich. Lass mich nicht einfach von dir fortgehen.
Die Hand an der Türklinke, die sich so warm anfühlte. Langsam drückte sie diese nieder. Plötzlich Wärme, auf ihrer Hand, ein heißer Atemzug im Nacken.
»Bleib bitte bei mir. Ich will heute Nacht nicht ohne dich sein.«
Sein Körper drängte gegen ihren. Die Begierde spürbar. Härte an ihrem Po. Ein Schauer durchfuhr sie, gegen den sich eine Auflehnung nicht lohnte, denn genau das wollte sie auch.
Mit den Händen unter ihrem Kinn gelangten ihre Blicke zusammen. Feuer, das ineinander übergriff. Lippen, die miteinander verschmolzen. Zungen, die mit einem langsamen Walzer ihren Tanz begannen. Sie drehte sich zu ihm um, presste sich gegen seinen Körper, um die Nähe zu spüren, den Kontakt nicht verlieren zu wollen.
Er hob sie hoch, im Kuss gefangen, und trug sie zu dem Bett in dem Raum. Eine große, weiche und warme Liegestatt unter ihrem Leib, der bebte vor Verlangen.
Zärtlich lösten sich seine Lippen, nur um sich ihrem Körper anderweitig zu nähern. Während seine Hände das Kleid über ihren Kopf zogen, erreichten die Liebkosungen ihren Bauch, ihre Brüste, die sich ihm keck entgegenreckten. Kleine sanfte Hügel mit harten Spitzen, die nur darauf warteten, dass sie erobert würden.
Blitze durchfuhren ihren Bauchraum, als diese warmen zärtlichen Lippen abwechselnd an ihnen saugten, die Zunge sie umrundete. Sie jauchzte kurz auf, drängte das Becken nach oben. Die Gelegenheit für ihn, das Höschen zu entfernen. Das Prickeln in ihrem Unterleib verstärkte sich. Das in dem seinen auch. Aber alles mit Geduld. Diese Situation war einmalig, nur einmal zuvor möglich gewesen und später wieder ebenso verboten wie jetzt.
»Liebe mich. Wie sehr habe ich deinen Körper vermisst«, wisperte sie ihm zärtlich in das Ohr. »Immer nur schreiben dürfen, anschließend löschen, um keine Spuren zu hinterlassen, du hast mir gefehlt.«
»Du mir auch, mein Engel«, hauchte er ihren Hals küssend. »Warum ist das auch so kompliziert.«
Die Sehnsucht nach seinem Körper mit der jetzigen Berührung erzeugte eine Sensibilität, die beinahe jeden Punkt in einen knisternden Schauer verwandelte. Ihr Becken stand in Flammen. Das Verlangen, die Begierde fachten diese immer mehr an.
Nun kamen ihre Hände ins Spiel. Die Beule unter seiner Hose spürbar hart und eingeengt. Da musste Freiheit her. Schnell nestelte sie an der Verschnürung des Kleidungsstückes und ihr sprang das begehrte Stück entgegen. Feuchtigkeit auf dessen Kopf zeugte von demselben Verlangen. Was der Geist wunderbar erlebte, fehlte den Körpern. Die Befriedung des Partners, die körperliche Liebe, der Akt der Vereinigung. Ein Jahr lang, ohne sich gegenseitig streicheln zu dürfen, zu küssen, anzufassen. Die Entbehrung hatte einen ganz speziellen Hunger erzeugt. Gleichzeitig war da das Tabu, dass sie sich nicht hätten treffen dürfen. Schon beim ersten Mal nicht. Ein Streich, der nach Missverständnissen in einer wunderbaren Liebesnacht endete.
Vorsichtig änderte sie ihre Position. Warme Lippen küssten den kleinen feuchten Kopf, streichelten das Haar rund um den Schaft.
»Schenk mir deine Lippen zum Küssen, mein Engel. Auch ich will dich verwöhnen.«
Sachte hob sie das Bein über seinen weißbehaarten Kopf, gab ihm, was er wollte.
Es war einfacher als im Jahr zuvor. Es fehlte etwas.
»Du hast abgenommen«, stellte sie zärtlich fest und kraulte den wohlgefüllten Sack.
»Ja, das hat mir ziemlichen Ärger eingebracht. Aber für dich sollte keine Mühe zu groß sein. Das Unverständnis darüber ignorierte ich einfach.«
»Du hättest es nicht tun müssen.«
»Ich weiß. Aber mir war danach.«
Zungen glitten über feuchte Haut, liebkosten den anderen an den intimsten Stellen. Ein Keuchen und Stöhnen schallte durch den kleinen Raum, das verbotene Liebesnest. Lippen sogen an Extremitäten, brachten die Flammen der Erregung zu kleinen orgiastischen Schreien der Wollust. Das Beben der Lenden fand kein Ende. Feine Schweißperlen überzog die Haut der beiden Liebenden.
»Du bist so verdammt ... oh, das darf ich nicht sagen. Du bist wunderbar, mein Engel.«
»Du auch, mein Großer. Jetzt möchte ich aber deine Rute spüren. Bitte!«
Ihr Kopf drehte sich in Blickrichtung, das zustimmende Nicken wohlgefällig nehmend, nahm die junge Frau mit ihren goldenen kurzen Locken ihren Platz über seiner Härte ein.
Mit einem Seufzer glitt sie an ihm herab.
»Ah, das habe ich vermisst. So schön, wie zwei Puzzleteile, die zusammenpassen, zusammengehören.«
»Dreh dich um. Ich möchte dich dabei anschauen. Dein liebreizendes Gesicht beobachten, wie es von einer Welle zur Ekstase gerät. Alles in mich saugen, jede Mimik.«
Sie kam seiner Bitte nach. Mit leicht rotierendem Becken, seine Hände an ihren Rundungen spielend, verstärkte ihr Unterleib den Druck nach unten, um ihn komplett in sich aufzunehmen. Das Schmatzen zeugte von ihrer großen Lust aufeinander. Der Raum füllte sich mit dem Duft ihrer Liebe, den kleinen Tönen der Wollust, die beide übermannte, sie öfter, ihn stärker. Sterne funkelten wie Eiskristalle in der Sonne.
Plötzliche Eiseskälte erschreckte beide aus den Tiefen ihrer gemeinsamen Ekstase, ihrem Höhepunkt, der sie mitgerissen hatte in die unergründlichen Orte der Glückseligkeit.
Schnee fiel auf die nackten erhitzten Körper, um dort Tränen gleich, auf der Haut entlangzulaufen und zu Boden zu tropfen.
»Wir haben euch erwischt!«
Die Stimme klang unheilverkündend. Strafe versprechend.
»Wie lange geht das schon mit euch?«
Die andere Stimme, weiblicher Natur, klang herrisch, eifersüchtig.
Die beiden Liebenden klammerten aneinander, sich Schutz gebend. Seine Finger fanden die wärmende und schützende Decke und breiteten sie über den abkühlenden Leibern aus.
Über ihnen erschienen Gesichter, bekannte Mienen, die alles andere als freundlich herabschauten. Bis auf eines, dem das Grinsen nicht aus dem Gesicht zu radieren war. Wichtel und Engel, die das Schauspiel mit roten Wangen und ungläubig betrachteten.
»Weihnachten ist doch das Fest der Liebe«, begann der Mann, der inzwischen die Arme um die junge Frau auf ihm geschlungen hatte. »Warum sollten der Weihnachtsmann und das Christkind sich da nicht lieben dürfen?«
»Ihr dürft nicht, weil ...«, begann ein Wichtel und suchte nach weiteren Worten.
»Ihr dürft das nicht, weil ihr unterschiedliche Gebiete betreut«, ranzte ein Engel empört. »Das gehört sich nicht. Was sollen die Kinder denn von euch denken, wenn ihr euch liebt. Deshalb gab es diesen Schutzwall.«
»Ja, bis auf diese Hütte«, kicherte der noch immer grinsende Wichtel.
Alle Köpfe drehten sich zu ihm hin. Kleine Blitze schleuderten in seine Richtung.
»Leute, bleibt doch mal locker. Die Welt hat sich weitergedreht. Guckt euch die Menschen heutzutage doch an. Da lieben Männer Männer, Frauen Frauen, Personen der einen Religion Personen aus einer anderen oder gar keiner Religion. Aber, und das ist das Wichtigste dabei, die meisten von ihnen glauben an den Weihnachtsmann oder das Christkind, vor allem die Kinder. Warum also sollen sich die beiden nicht lieben dürfen? Sie vergrößern damit nur die Botschaft von Weihnachten, dem Fest der Liebe.«
Nach ein bisschen Nachdenken ging den übrigen Anwesenden die Botschaft in den Kopf. Alle bisherigen Feindschaften begruben sich unter Küssen und Zärtlichkeiten.
Das Fest der Liebe eben.

1 Kommentar:

  1. Einfach nur schön...Danke der Autorin für diese außergewöhnliche Geschichte!

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